300
Der Norddeutsche Bund.
5. Regierungsbezirk Trier. Trier, 22,000 Einw., au der
Mosel, Weinbau. Sitz eines Bischofs, hat einen sehr alten Dom. In
der Nähe Ucbcrreste aus der Römcrzcit; hier steht daö merkwürdigste er-
haltene Römerwerk in Deutschland: die Porta Nigra, 115' lang, 50'
breit. Auch Trümmer römischer Bäder und eines Amphitheaters. Saar-
louis, 7500 Einw., Festung an der Saar. Saarbrück, 13,000
Einw., an der Saar, hat bedeutende Steinkohlengruben.
6. Regierungsbezirk Siegmaringen (vor 1850 diefürsten-
thümcr Hohenzollern Hechingen und Siegmaringen). Siegmaringen,
2100 Einw., an der Donau. Hechingen, 3000 Einw., Schwefelbad.
8. Die neuerworbencn Landesthtile.
I. Herzogtum Schleswig-Hotslein und Lauenburg.
Schleswig-Holstein 312,zo..-M. und 981,700 Einw. Lauen-
burg 21,2g O.-M. und 50,000 Einw.. Diese Herzogtümer liegen an
der Nord- und Ostsee, sind im S. von der Elbe begrenzt und im N.
durch die Königsaue von Nordjütland geschieden. Holstein und Schles-
wig sind durch die Eider getrennt, werden in der Mitte von einem san-
digen Haideznge, abwechselnd mit Moorflächen durchzogen, welcher west-
wärts in fruchtbares Marschland übergeht, das im Holstein'schen von den
Dithmarscn bewohnt wird; an der Ostküste hin zieht sich der schleswig-
holstein'sche Landrücken mit vielen Seen und schönen Buchenwaldungen;
an der Westküste liegen viele kleine Inseln, darunter die Halligen. Die
Hauptbeschäftigung der Bewohner, meist lutherisch, ist Ackerbau und Vieh-
zucht (holstein'sche Butter, holsteinische Pferde), Fischerei und Austern-
fang, Schiffahrt und Handel.
1. Schleswig-Holste Schleswig, 12,000 Einw., am lan-
gen Meerbusen Schley, mit dem Schloß Gottorp. In der Nähe
C'ckernsörde, 4700 Einw., und Idstedt, wo 1850 Deutsche mit Dä-
nen kämpften. Sonderburg, 4400 Einw., auf der Insel Alfen,
Schloß, Handel und Schiffahrt, und Augustenburg, gegenüber die
Düppler Schanzen, welche 1864 von den Preußen erstürmt wurden. Die
Insel Fehmarn. Apenrade, 5500 Einw. Hadersleben, 8000
Einw. Tondern, 3300 Einw. Husum, 5000 Einw., Hafen für
kleine Schiffe. Friedrichsstadt, 2000 Einw., an der Eider. Die
Inseln Sylt und Föhr mit Seebädern. Flensburg, 22,000 Einw.,
bedeutende Handelsstadt (besonders nach Westindien).
Kiel, 24,000 Einw., mit Hafen, Seebädern, Universität. (Kieler
Sprotten). Nendsburg, 12,000 Einw., Festung an der Eider. Itze-
hoe, älteste Stadt Holsteins. Glückstadt, 5000 Einw., an der Elbe,
Freihafen, hat Fabriken, Schiffsbau und Schiffahrt. Neumünster,
7800 Einw., Knotenpunkt der Eisenbahnen. Altona, 67,000 Einw.,
an der Elbe, bei Hamburg, hat Fabriken und wichtigen Seehandel. Im
nahen Dorfe Ottensen das Grab Klopstock's (gest. 1803 in Ham-
burg). Nordöstlich liegt Wandsbeck, bekannt durch den Dichter Clau-
dius. Oldesloe. Segeberg. Plön. Bornhöved. Heiligen-
hafen.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T70: [Stadt Donau München Stuttgart Neckar Nürnberg Ulm Schloß Augsburg Regensburg]]
166
A. Europa.
je nach ihrer Stellung zu den Einzelregierungen, von diesen streng über-
wacht. Inzwischen war Wilhelm I. am 2. Januar 1861 König von
Preußen geworden, das sogenannte freisinnige Ministerium Schwerin hatte
dein Ministerium Bis mark weichen müssen und in Preußen sich zwischen
den Vertretern des Volles und dem Ministerium ein hitziger Kampf ent-
wickelt. Ueberall in Deutschland, auch in Oesterreich machte sich eine
große politische Verstimmung und das Verlangen, andere Zustände herbeizu-
führen, bemerkbar.
Nun war es einmal Oesterreich, das an eine Re
form in Deutschland gehen wollte. Im Jahre 1863, Anfang August, lud
Kaiser Franz Joseph sämmtliche Fürsten des Bundes zu einem Congreß
nach Frankfurt, der auch am 17. August eröffnet ward. Doch der König
von Preußen und einige kleine Fürsten kamen nicht zu diesem Congreß.
Die beabsichtigte Einigung konnte also auch von dieser Seite nicht zu Stande
gebracht werden. Inzwischen entwickelte sich wiederum an der Nordgrenze
Deutschlands, in Schleswig-Holstein, die immer noch nicht zur Ausgleichung
gekommene Streitfrage zwischen den Herzogthümern und Dänemark. Auf
dem Bundestage vom 7. December 1863 wurde die Bundesepecution gegen
Dänemark beschlossen und ausgeführt. Oesterreicher und Preußen schlugen
die Dänen bald zum Lande hinaus, es kam zum Wiener Friedensvertrage
(30. October 1864), nach welchem Oesterreich und Preußen gemeinsame
Rechte auf die Herzogthümer Schleswig-Holsteinerwarben, diese gemeinsam
verwalteten und besetzten. Doch als der Friede mit Dänemark geschlossen,
standen sich wieder die deutschen Großstaaten als Feinde gegenüber. Der
Vertrag von Gastein konnte den offenen Bruch zwischen Preußen und
Oesterreich nur vertagen. Endlich brach das für Deutschland und beson-
ders für Preußen so bedeutungsvolle Jahr 1866 an.
Wir haben gesehen, daß der österreichische Einfluß auf die gedeihliche
Entwickellmg Deutschlands zu einer starken Achtung gebietenden Macht wie
ein Hemmschuh wirkte. Eine Macht wie Oesterreich, die im überwiegend
größten Theil aus nichtdeutscheu Gebieten besteht und die es niemals ver-
standen hat, im eigenen Lande eine geregelte Finanzwirthschast herzustellen,
eine Macht, die unter dem Alp des römischen Concordáis seufzt, konnte
Deutschland keinen Segen, keinen Frieden, keine nach außen hin imponirende
Stellung schaffen. Alle materiellen Wohlthaten, welche Deutschland genießt
Ii r ■ » ■ ^
durch den Zollverein und durch die Handelsverträge mit Frankreich, Eng-
land, Belgien und Italien rc., hat es Preußen zu danken. Die fortdauern-
den Dissonanzen zwischen Oesterreich und Preußen und die entweder zwei-
deutige oder zu Oesterreich hinneigende Stellung der Mittelstaaten zu diesem
inneren Kriege brachten einen unhaltbaren Zustand herbei, der für die preußische
Machtstellung nicht länger zu ertragen war. Oesterreich arbeitete mit aller
Macht und allen Mitteln dahin, Preußen tvieder zu demüthigen. In Hol
stein begann endlich der Conflict dadurch, daß am 5. Juni der Feldmarschall
Lieutenant v. Gab lenz in Kiel die holsteinischen Stände zum 11. Juni
nach Itzehoe berief. Gegen diese Verletzung der Souveränetätsrechte des
Königs von Preußen*) erfolgte von preußischer Seite ein Protest, der
*) Oesterreich und Preußen besaßen ja nach den bestehenden Verträgen die ge-
meinsame Verwaltung der Herzogthümer.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. August Franz_Joseph Franz August Concordáis
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Oesterreich Oesterreich Deutschland Frankfurt Deutschlands Schleswig-Holstein Oesterreich Oesterreich Deutschland Deutschlands Oesterreich Deutschland Deutschland Frankreich Belgien Italien Oesterreich Oesterreich Oesterreich Kiel Itzehoe Oesterreich
Vii. Deutschland. A. Staaten des Norddeutschen Bundes.
227
vertrag abzuschließen, demzufolge Preußen für die Summe von 500,000
Thalern an der westl. Seite des Jadebusens 1211 Morgen 57 d Ruthen,
und an der östl. Seite 8 Morgen 139'/, d Ruthen Binnendeichland, mit
dem Wasser % □ Meile erhielt. Preußen übernahm ferner den Schutz
Oldenburgs zur See und Oldenburg gestattete die Anlage einer Eisenbahn
von dem Kriegshafen über Varel und Stadt Oldenburg zum Anschluß an
die Köln-Mindener Bahn.
Der Hafen wird den Namen Neu-Heppens erhalten. Die Admi-
nistration des Jadegebiets, mit (1867) 1747 Einw., gehört zum Ressort
der Admiralität zu Berlin. Der Jadebusen ist zu einem Kriegshafen des
Norddeutschen Bundes bestimmt.
11. Die Provinz oder die Herzogthümer Schleswig und
Holstein*) nebst Lauenburg.
a) Das Herzogthum Schleswig ging mit estrigen Gebietsver-
kürzungen seiner alten Grenze 1866 in den Besitz Preußens über. Die
Größe wird angegeben (nach 1864) auf 165,4 D®. mit 409,907
Einw., also 2469 auf der □Üdi. Ueber eine im Prager Frieden in Aus-
sicht genommene Abtretung des nördlichen Theils von Schleswig an Däne-
mark schweben die Verhandlungen noch zur Zeit. Schleswig wird im N.
von Jütland, im S. durch die Eider und den Eidercanal von Holstein ge-
schieden. Als Zankapfel für Deutschland und Dänemark ist dies Herzog-
thum in neuester Zeit oft Gegenstand des allgemeinen Interesses geworden.
Seit dem 14. Jahrhundert, als es in den Besitz der Grafen von Holstein
gelangte, führt es den Namen Schleswig, früher hieß es Süd-Jütland
(ducatus Sonderjutia), und die Westküste Nordfriesland. Dänische Schrift-
steller und Geographen haben versucht, der alten Benennung Süd-Jüt-
land wieder Eingang zu verschaffen, üblich ist diese Bezeichnung aber
durchaus nicht. — Auch die Bevölkerungs- und Sprachverhältnisse des Herzog-
thums haben in neuester Zeit vielfach Veranlassung zu ausführlichen Erör-
terungen und Streitigkeiten zwischen deutschen und dänischen Schriftstellern
gegeben; Thatsache ist nun, daß das Land von verschiedenen Volksstämmeu
bewohnt wird, welche in der überwiegenden Mehrzahl dem deutschen und
nicht dem skandinavischen Zweige des germanischen Volksstammes ange-
hören. Deutsche, friesischen, sächsischen und angelsächsischen Stammes,
wohnen im Süden und fast an der ganzen Westseite des Landes Dänen;
vornehmlich Jüten bewohnen mit Deutschen vermischt den nordöstlichen
Theil. Was die Sprachverhältnisse betrifft, so ist die deutsche Sprache
*) Holstein hatte 1864...................155 □ Sdí. mit 554,419 Einw.
Im Jahre 1866 trat Preußen an Oldenburg ab . 2,« lum. mit 12,604 Einw.
Demnach erhielt Holstein die Größe von . . . . 152,, □ M. mit 541,815 Einw.
Hierzu Schleswig.........................165,, □ M. mit 409,907 Einw.
Schleswig und Holstein zusammen.........317,s □ 2jí. mit 951,722 Einw.
Einwohnerzahl von Schleswig u. Holstein nach der Zählung von 1867 983,362
dazu das Herzogthum Lauenburg........................... 48,527
15*
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz]]
TM Hauptwörter (200): [T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Oldenburg Varel Oldenburg Berlin Lauenburg Schleswig Holstein Deutschland Dänemark Holstein Holstein Oldenburg Holstein Holstein Schleswig Holstein Lauenburg
Oqq
A. Europa.
jedenfalls sehr frühzeitig die vorherrschend gebräuchliche geworden; denn es
kommen seit etwa dem Ende des 13. Jahrhunderts in dänischer Sprache
geschriebene Urkunden, Gesetze u. s. w. für das Herzogthum nicht mehr vor
und so weit die geschichtliche Erinnerung reicht, ist seitdem das Deutsche
allein und überall im Herzogthum die Sprache der Bildung, der Literatur
und des größeren Verkehrs gewesen und bis jetzt geblieben, früher das
niedersächsische Deutsch, später das Hochdeutsche. Daneben hat sich in den
unteren Schichten der Bevölkerung der alte Volksdialekt, je nach der ver-
schiedenen Abstammung derselben, erhalten, und es wird daher von den
unteren Volksclassen des Herzogthums im täglichen Leben, und init ihres
Gleichen nur Plattdeutsch, Plattdänisch und in einigen Bezirken, be-
sonders ans den Inseln der Westküste, Friesisch gesprochen, doch scheint
diese letztere Sprache immer mehr und mehr zu verschwinden. Nach diesen
Verhältnissen richtete sich, nach Einführung der Reformation und Verbesse-
rung des Volksschulnnterrichtö, der Gebrauch der deutschen und dänischen
Sprache in der Kirche und Volksschule. Wo die Bevölkerung deutsch und
friesisch war, wzirde der Gottesdienst und der Unterricht Hochdeutsch, wo
das dänische Volksidiom vorherrschte, wurde in der reinen dänischen Schrift-
sprache die Predigt gehalten und der Unterricht in der Volksschule ertheilt.
In den Städten so wie in allen höheren Schulen wurde nur die deutsche
Sprache gebraucht, friesisch ist niemals zur gebräuchlichen Schriftsprache
geworden. Dieser anscheinend in den Sprachverhältnissen liegenden, übrigens
in Grenzländern gewöhnlichen Mißstände ungeachtet, sind die unteren Volks-
classen in allgemeiner Bildung nicht zurückgeblieben, sie zeichnen sich in dieser
Beziehung viel eher vor denen mancher anderen Länder aus. Auch sind
sonstige davon herrührende Nachtheile nicht bemerkbar geworden. Wie
man aber in neuerer Zeit von Rechten der Sprache (die nur zur Ver-
mittelung des geistigen Verkehrs zwischen Mensch und Älen sch dient, wes-
halb immer diejenige, welck^e die Meisten und Gebildetsten sprechen von
selbst den Vorrang gewinnt) zu reden und zu schreiben angefangen hat, so
wurde auch von Dänemark ans auf Gleichberechtigung der dänischen und
der deutschen Sprache in allen, auch den höheren Verkehrsverhälttiissen
Schleswigs gedrungen, und wie der Streit hierüber immer weiter und
weiter geführt wurde, so ist es auch im Herzogthum Schleswig wie in
Belgien und Ungarn, wo ein ähnlicher Sprachenkampf stattfand, gegangen,
daß Blutvergießen das Ende davon ward. — Die alte Hauptstadt des
Landes Schleswig mit dem Schlosse Gottorf (richtiger Gottorp)
l0,050 Einw., liegt am Westende der Schlei, vormals der Sitz des Statt
Halters und der höchsten Regierungsbehörde beider Herzogthümer, des
Obergerichts, der Ständeversammlung n. s. w., hat jetzt ihre politische Be-
dentnng verloren: geblieben sind ihr nur noch an für beide Herzogthümer
gemeinschaftlichen Landesanstalten: das große Irrenhaus und das Taub-
stummeninstitut, nahe südlich davon die Ueberreste des uralten Dannewirks,
Schlacht am 23. April 1848, eine halbe Meile nördlich das Dorf Jdstedt
mit dem Schlachtfelde vom 25. Juli 1850. Flensburg, die größte und
ansehnlichste Stadt des Herzogthums mit circa 20,140 Einw., am Meer
busen gleichen Namens mit vortrefflichem Hafen für die größten Seeschiffe,
deren seit lange großartiger, nach allen Welttheilen, besonders nach Westindien
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Vii. Deutschland. A. Staaten des Norddeutschen Bundes.
229
hin, geführter Handel, aber doch in Folge der Umgestaltung der poli-
tischen Verhältnisse des Landes an Umfang und Selbstständigkeit verloren
hahen soll. Die Stadt hat bedeutende Fabriken für Zucker, Taback,
Branntwein :c., sie wird voraussichtlich unter preußischer Herrschaft einen
bedeutenden Aufschwung nehmen. Unfern dem Flensburger Meerbusen
(Föhrde) liegt in reizender Gegend mitten in einem von Buchenwalduug
umgebenen See das alte Schloß Glücksburg, eine ehemalige herzogliche
Residenz. — Tönning am Ausfluß der Eider, in der reichen Landschaft
Eid erst edt belegen, mit 3000 Einw., lebhafter Handelsverkehr mit Eng-
land, wöchentliche Viehtransporte dahin auf Dampfschiffen von London und
Hüll. Apenrade, mit 5450 Einw., undhadersleben, mit 8300 Einw.,
jede an einem aus dem kleinen Belt ins Land tretenden Meerbusen, treiben
ebenfalls lebhaften Handel, große Schiffsbanereien in und bei Apenrade.
Husum, 4730 Einw., an der Westsee, große Viehmärkte. Eckernförde,
Handelsstadt mit 4000 Einw., an einem tiefen Meerbusen an der Ostsee,
bekanntes Gefecht am 5. April 1849 mit den dänischen Kriegsschiffen Chri-
stian Viii. und Gefion, in dem sich die Ueberlegenheit von Landbatterien
über die größten Kriegsschiffe augenfällig zeigte. Friedrichsstadt an der
Eider, mit 2230 Einw., von Holländern im 17. Jahrhundert erbaut und
bevölkert, hat einige doch nur unerhebliche Fabriken: Beschießung und blu-
tige versuchte Erstürmung im October 1850. Friedrichsort, kleines
Fort zum Schutz des Eingangs zum Kieler Hafen. Kappeln, 2800
Einw., ans dem hohen Nordufer der Schlei, unweit der Mündung in die
Ostsee, treibt Fischfang und nicht unbedeutenden Handel. — Zwischen
Flensburg und Schleswig von der Ostsee begrenzt, liegt das Land An-
geln, wie Voß sagt: „das geengete Erbe der Angeln", welche einst in
Verbindung mit Sachsen und Friesen, nach Britannien übergegangen und
diesem Lande den Namen England gegeben haben. Die den Herzogthümern
Schleswig und Holstein, aus der Geest (s. S. 3) eigenthümliche Einhä-
gung der Felder (Koppeln) durch mit oft sehr hohen: und dichtem Busch-
werk bepflanzte Erdwälle (Knicke) tritt in Angeln besonders hervor. — Die
Westküste Schleswigs, welche der vielen Untiefen und Sandbänke wegen
nur an wenigen Punkten (an der Eider, der Hever und bei Sylt) größeren
Schiffen zugänglich, ist wie schon erwähnt worden, ein sehr fruchtbares
aber tiefes Marschland, welches nur an wenigen Stellen durch natürliche
Dünen gegen Spring- und Stnrmflnthen gesichert ist, an den meisten
durch künstliche Deiche geschützt wird; der Spielraum der Meereshöhe be-
trägt hier bis an 30'. Ehemals lag hier der blühende volkreiche und ausge-
dehnte Nordstraud, welcher schon im 14., 15. und 1ü. Jahrhundert durch
Meeresfluthen großen Abbruch erlitten, im Jahr 1634 aber durch eine
fürchterliche Sturmflnth, bei der über 6000 Menschen und 50,000 Stück
Vieh in den Wellen umkamen, gänzlich zerstört und verwüstet wurde. Die
nach der Zeit wieder bedeichten sehr fruchtbaren kleineren Inseln Pel-
worm und Nord strand bilden mit einer Anzahl unbedeichter kleiner
Eilande, Hallige genannt, die Ueberreste jener schönen und großen Land-
schaft. Auch bei der großen Sturmflnth am 3. und 4. Februar 1825
litten diese Inseln beträchtlich. Die weiter nördlich von der Schleswigschen
Westküste liegenden Inseln Amrum, Föhr, Sylt, Romoe sind durch
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff]]
TM Hauptwörter (200): [T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schloß_Glücksburg London Apenrade Husum Westsee Ostsee Kappeln Ostsee Flensburg Sachsen Britannien England Holstein Schleswigs Nord Schleswigschen
Westküste Amrum
230
•\. Europa.
natürliche oft sehr hohe Sanddünen gegen die Meeresfluthen geschützt, nur
Föhr ist theilweise bedeicht. Die dort wohnenden Friesen haben die Sprache
und manche Eigenthümlichkeiten ihres alten Volkstammes am meisten con-
servirt, sie ernähren sich großenteils von der Schifffahrt und es herrscht
viel Wohlhabenheit hinter ihnen. Auf der Küste selbst in der Gegend von
Tendern ist die Spitzenverfertigung sehr verbreitet und es sollen sich da-
mit über 10,000 Menschen, meist weiblichen Geschlechts, beschäftigen. — Auf der
schönen Insel Alsen am Kleinen Belt liegt das Städtchen Sonderburg
und das ehemalige herzogliche Residenzschloß Augusten bürg. Endlich
gehört noch zu Schleswig die weit östlich davon, an der holsteinischen Küste
gelegene, ganz flache Insel Fehmarn mit starkem Kornbau.
b) Das Herzogthum Holstein (Land der Holsten) umfaßt
die alten Landschaften: Holstein, Stormarn (das Land südlich der
Stör), W a g r i e n (im Osten), Dithmarschen (im Westen), Benennungen,
die zwar noch nicht ganz außer Gebrauch gekommen sind, aber mit Aus-
nahme von Dithmarschen, die politische Eintheilung des Landes nicht mehr
bezeichnen. In Wagrien waren ehemals Wenden seßhaft, der Stamm
scheint aber von deutschen Eroberern gänzlich ausgerottet worden zu sein,
denn nur noch in mehreren Ortsnamen findet man Spuren davon, daß
einst Slaven dort gewohnt haben. In dem mit Preußen 27. September
1866 abgeschlossenen Vertrag, betreffend den Verzicht des Großherzogs auf
die Erbansprüche des Gvttorpschen Hauses an Schleswig-Holstein w., hat
H
sammt einigen
w • w w fl | r I Vf f I
angrenzenden kleinen Distrikten abzutreten; der 2,67 □ M. große Gebiets
theil hat 12,604 Einw. Nach Abzug dieser Abtretung zählt das Herzog-
thum nun 152,4 Hi M. mit 541,815 Einw. Ein sandiger Haidezug in
der Mitte des Landes verliert sich westwärts sehr sanft in herrliche Marsch-
länder, während der östliche kürzere Abhang hügelig und mit vielen kleinen
Seen und schönen Buchenwäldern bedeckt ist; er gehört zu den lieblichsten
Gegenden des nördlichen Deutschlands. Die Kiel-Altonaer Eisenbahn durch-
schneidet das Land mit Abzweigungen nach Rendsburg an der Eider, nach
Neustadt an dem Lübschen Fahrwasser (Ostsee), Altona, Lübeck und Glück-
stadt an der Elbe.
Altona, an der Elbe, in einer so geringen Entfernung von Hamburg,
daß ihr diese Nähe ihren Namen (Allzunah) gegeben haben soll, mit
53,040 Einw. von allen christlichen Confessionen; auch die Juden können
das Bürgerrecht erwerben. Sie war bis 1500 ein unbedeutendes Fischer-
dorf und erhielt erst städtische Rechte 1664; 1713 ward sie von den
Schweden iu Asche gelegt; seitdem aber hat sie sich durch Betriebsamkeit,
Fabriken und durch den Antheil, welchen ihr die Nähe an Hamburgs
Handel verschafft, zu einer sehr wohlhabenden Stadt erhoben. Der Hafen
ist zwar nur mittelmäßig, genießt aber die Rechte eines Freihafens. Sie
ist freundlich und schön, amphitheatralisch am Ufer erbaut, mit breiten und
geraden Straßen, unter welchen sich besonders die Palmaille, die zugleich
ein mit 4 Reihen Bäumen bepflanzter Spaziergang ist, auszeichnet. Die
lutherische Kirche, die katholische Kirche, die Ästinze und das Rathhaus
sind die schönsten Gebäude. Altona besitzt ein akademisches Gymnasium
nüt einer Bibliothek, und eine wichtige Sternwarte. In dem nahe dabei
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Holstein Holstein Stormarn Dithmarschen Dithmarschen Schleswig-Holstein Deutschlands Rendsburg Ostsee Altona Altona Hamburg Hamburgs Altona
Yli. Deutschland. A. Staaten des Norddeutschen Bundes.
231
liegenden Dorfe Ottensen, 6300 Einw., starb 1806 der Herzog von
Braunschweig an den in der Schlacht von Jena erhaltenen Wunden. Ein
kleines Denkmal bezeichnet das Grab des 1803 zu Hamburg gestorbenen
und hier begrabenen Klopstock. Ein anderes Denkmal bezeichnet die Stelle,
wo 1134 von den im Winter 1813—1814 durch die Franzosen ans Hamburg
vertriebenen und hier in Altona gestorbenen armen Einwohnern begraben
liegen. Eine halbe Meile von der Stadt liegt das Gut Flottbeck mit
großen Parkanlagen und der berühmten Gärtnerei von Booth. 1 Stunde
weiter an dem hier hohen Elbufer liegt das große, von Fischern, Schiffern
und Lootsen bewohnte Dorf Blankenese, der Weg dahin führt durch
eine fast ununterbrochene Reihe von herrlichen Gärten und Landhäusern. —
Nordwestlich von Hamburg liegt Itzehoe an der schiffbaren Stör mit
7400 Einw., Fabriken und großen Viehmärkten. An der Altona-Kieler
Eisenbahn liegen die großen Flecken Elmshorn mit 6700 Einw. und
Neu Münster mit 7800 Einw. und großen Tuchfabriken. Von Elmshorn
führt eine Eisenbahn nach Glückstadt an der Elbe, 5100 Einw., ehe-
malige Festung. Von Neumünster zweigt sich eine Bahn nach Rends-
burg ab, früher die Hauptfestung Schleswig-Holsteins, an der Eider
belegen, wo der schleswig-holsteinische Canal mündet, 9500 Einw., lebhafter
Handel.
Heide, ein großer wohlgebauter Flecken mit 6850 Einw. in
Dithmarschen, lebhaftes Gewerbe.
Von Hamburg nordöstlich liegt der
kleine Fabrikort Wandsbeck, 7500 Einw., welcher durch Claudius, der
sich in seinen Schriften den Wandsbecker Boten nennt, bekannt geworden
ist. — In dem östlichen Theile des Landes liegt das Städtchen Oldesloe,
3900 Einw., an der Trave, mit der einzigen Saline im Lande, und einige
Meilen nördlicher der ganz isolirte, merkwürdigegypsberg bei Segeberg.
An der nördlichen Grenze liegt, an einem Meerbusen der Ostsee und in
einer schönen Gegend die Stadt Kiel, mit 18,770 Einw. Die hiesige
1665 gestiftete Christian-Albert-Universität besitzt eine schöne Bibliothek mit
gegen 100,000 Bänden, einen botanischen Garten u. s. w.; die Zahl der
Studirenden beträgt selten über 300. Der vortreffliche Hafen ist nicht
bloß der beste in ganz Deutschland, sondern auch einer der vorzüglichsten
in ganz Europa, der die größten Kriegsflotten sicher und bequem zu bergen
vermag, wie dies der letzte englisch-russische Krieg dargethan hat. Der
Handel Kiels ist beträchtlich und lebhaft, hat aber doch nicht die Großar-
tigkeit und Ausdehnung, die er nach der günstigen Lage des Orts an-
scheinend haben miißte. Unter den Städten Holsteins nimmt Kiel durch
den Einfluß, den es sich auf die öffentliche Meinung zu verschaffen gewußt
hat, die erste Stelle ein. Ein deutscher Kriegshafen ist bei Kiel im Ent-
stehen. Es ist eine der wichtigsten preußischen Flottenstationen. Etwas
nördlich von Kiel liegt Düsternbrook mit Seebad. — Seit 1867 besteht
in Kiel ein Verein für Geographie und Naturwissenschaften.
c) Das Herzogthum Sachsen-Lauenbnrg ehemals Hannover
gehörig, kam 1815 als kleiner Ersatz für Norwegen an das Königreich
Dänemark. Ans 19 s^M. zählt es gegen 49,704 Einw. Es liegen
darin die kleinen Städte: Ratzeburg, circa 4000 Einw. aus einer Insel
im gleichnamigen See; ein Theil davon gehört zu Meklenbnrg-Strelitz; und
Lauenburg, 1100 Einw., an der Elbe und dem Steckenitz-Canale, auf
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Extrahierte Personennamen: Booth Claudius
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Dorfe_Ottensen Braunschweig Jena Hamburg Hamburg Altona Blankenese Hamburg Elmshorn Elmshorn Schleswig-Holsteins Dithmarschen Hamburg Städtchen_Oldesloe Segeberg Ostsee Deutschland Europa Kiel Kiel Kiel Ratzeburg Lauenburg
232
A. Europa.
welchem die Waaren nach Lübeck geschafft werden. Hier wird ein wichtiger
Zoll von den Elbschiffen erhoben. Das Herzogthum wurde im Wiener
Frieden (30. October 1864) an Oesterreich und Preußen abgetreten, und
ging durch den Vertrag von Gastein (14. August 1865) gegen eine Ab-
findungssumme an die Krone von Preußen über; am 15. September 1865
nahm der König von Preußen als Herzog von Lauenburg das Land in
Besitz.
Geschichte.
Die Geschichte der Herzogthiimer Schleswig und Holstein dreht sich
fast ausschließlich um den Kampf, welchen die nördlich der Elbe seßhaften
deutschen Volksstämme gegen die von Skandinavien her vordringenden
Dänen um den unabhängigen Besitz des von ihnen bewohnten Landes
geführt haben. Es scheint außer Zweifel, daß ursprünglich die cimbrische
Halbinsel ganz von deutschen Volksstämmen (Angelsachsen, Friesen) bewohnt
gewesen ist, und diese von hieraus England (449) eroberten. Die Aus-
wanderungen dahin erleichterten den vordringenden skandinavischen Dänen
die Einnahme der zum Theil verlassenen Wohnsitze. Der nördliche und
östliche Theil des jetzigen Herzogthums Schleswig bis zur Schlei erhielt so
eine aus deutschen und dänischen Volksstämmen gemischte Bevölkerung und
gerieth unter dänische Botmäßigkeit unter dem Namen Südjütland. Dem
weiteren Vordringen der Dänen gegen Süden setzte darauf Karl der Große
vorläufig ein Ziel; er eroberte das von sächsischen Stämmen noch behauptete
Land nordwärts der Elbe bis zur Schlei und Treene, und verleibte es
unter der Benennung Nordalbingien dem fränkischen Reiche ein. Die frie-
sischen Völkerschaften aber an der Westküste Schleswigs, damals Nord-
friesland genannt, mußten die dänische Oberhoheit anerkennen. Nach Karls
des Großen Tode erneuerten sich die Kämpfe zwischen Deutschen und
Dänen, bald drangen diese bald jene siegreich vor. Kaiser Heinrich I. (der
Finkler) gründete die schleswigsche Mark, das Land zwischen Eider, Treene
und Schlei, auch seine Nachfolger, die Ottonen, mußten Kriegszüge wider
die Dänen unternehmen. Durch freiwillige Abtretung von Seiten des
deutschen Kaisers Konrad 1!. erwarben diese jedoch schon 1036 die schles-
wigsche Mark, und es ward die Eider als die Grenze zwischen dem deutschen
und dem dänischen Reiche festgesetzt, Holstein verblieb dem deutschen Reiche,
gehörte zum Herzogthum Sachsen lind kam als Grafschaft an die Grafen
von Schauenburg, doch mit Ausnahme der freien Republik D ithmarscheu.
Am Ende deö 12. und int Anfang des 13. Jahrh, erreichte die dänische
Macht unter Waldemar 1-—Ii. ihren Höhepunkt. Der König Waldemar Ii.
eroberte ganz Holstein, Meklenbnrg u. s. w., aber nach mehr als 20jäh-
riger Unterjochung Nordalbingiens gelang es dem holsteinischen Grafen
Adolf Iv. durch die siegreiche Schlacht bei Bornhövt, ganz Holstein von
der Herrschaft der Dänen wieder zu befreien. Von da an ward es die
Politik der holsteinischen Grafen, in dem Herzogthum Schleswig eine Bor
inaner gegen neue überwältigende Angriffe Dänemarks aufzustellen, indem
sie demselben eine selbstständigere Stellung zu verschaffen suchten.' Mit ihrer
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Extrahierte Personennamen: August Karl Karls Heinrich_I. Konrad Konrad Waldemar_1-—Ii Waldemar_Ii Adolf Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Europa Oesterreich Gastein Lauenburg Schleswig Holstein Skandinavien England Schleswigs Karls Holstein Herzogthum_Sachsen Schauenburg Holstein Meklenbnrg Nordalbingiens Holstein Schleswig
Vii. Deutschland. A. Staaten des Norddeutschen Bundes.
233
Unterstützung erwarb Herzog Abel (der Sohn Waldemars Ii.) Schleswig
als erbliches Lehnsherzogthum (1250), sie schützten dessen Nachkommen in
wiederholten Kämpfen gegen die dänischen Könige in dem Besitz des Her-
zogthums, erzwangen den Vertrag, daß das Herzogthum Schleswig niemals
wieder mit dem Königreich Dänemark unter einem Herrn dürfe vereinigt
1326) und die Zusicherung, daß
dänischen Geblüts das
werden (die Waldemarsche Constitution,
nach dem Aussterben der schleswigschen Herzöge
Herzogthum an die holsteinischen Grafen fallen solle,
ein 1375. Aber nicht ohne vieljährige Kämpfe gelang
anerkannten Besitz des Herzogthums
Dies Ereigniß trat
es den Deutschen,
sich wieder in den selbstständigen Besitz des Landes von der Eider bis zur
Königsan zu setzen. Endlich nach fast 30jährigem ununterbrochenen Kriege mit
Dänemark gelang es dem letzten Grafen von Holstein ans schauenburgischem
Geschlecht Adolf Iii., sich den friedlichen, auch von Dänemark unumwunden
chleswig zu sichern. Unter diesen
Kämpfen wuchsen die Lande Holstein und Schleswig allmälig mehr und
inehr zu einem staatlichen Ganzen zusammen, auch die freien Nordfriesen
an der Westküste Schleswigs entzogen sich der dänischen Oberhoheit und
erkannten die der holsteinischen Grafen an. Als nun im Jahre 1459 mit
dem genannten Adolf Viii. das mannhafte Geschlecht der holsteinischen
Grafen Gon denen Gerhard der Große der berühmteste geworden) ans-
starb, wählten die vereinigten schleswig-holsteinischen Stände wohl aus
Friedensliebe, aber zum großen Verdruß ihrer bisherigen Verbündeten der
Hansestädte Lübeck, Hamburg u. s. w., den inzwischen zum König von
Dänemark gewählten Schwestersohn des Grafen Adolf Vlll. Christian I.
(Graf von Oldenburg) zu ihrem Landesherrn. In dem desfälligen Ver-
trage vom Jahre 1660 mußte Christian ausdrücklich erklären: daß er von
„gesammter Mannschaft der Lande Schleswig und Holstein gewählt und
worden sei, nicht als ein König von Dänemark,
angenommen
sondern als Herr der vorbeschriebenen Lande, Herzog zu
Schleswig, Grafen zu Holstein, und daß diese Lande ewig zusammen
bleiben sollten nngetheilt", wogegen die Stände sich verpflichten
mußten, allemal ans der männlichen Nachkommenschaft Christians sich ihren
Herrn zu wählen.
Von da an dauerte ein friedliches Verhältniß zwischen dem Königreich
Dänemark und Schleswig - Hellstem Jahrhunderte hindurch fort; welches
durch mehrfache Slaatsverträge in der Folge gekräftigt wurde. Holstein
wurde erst unter Christian l. vom deutschen Kaiser zum Herzogthum
erhoben, Schleswig blieb formell dänisches Lehn, doch ohne darum an
seiner Selbstständigkeit Abbruch zu erleiden. Bald aber trat (nach dama-
liger deutscher Rechtsansicht) die Gewohnheit ein, unter den mehreren
öhnen des letzten Fürsten nicht blos einen, sondern alle oder mehrere
zu Landesherren zu ernennen, ohne daß darum doch die Einheit und Zu-
sammengehörigkeit des Landes aufgehoben werden sollte. So traten auch
in Schleswig-Holstein Landestheilnngen zwischen den Nachkommen Christian I.
ein, wobei aber die Regiernngsgewalt eine gemeinschaftliche blieb und die
Landstände als Einheit das Land vertraten. Im Jahre 1559 wurde von
den schleswig-holsteinischen Herzögen Adolf und Friedrich Ii., der zugleich
dänischer König war, der Freistaat Dithmarschen, der seine Unabhängigkeit
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Extrahierte Personennamen: Adolf Adolf Adolf Christian Christians Christian_l Adolf Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Königreich_Dänemark Holstein Holstein Westküste_Schleswigs Hamburg Oldenburg Holstein Holstein Königreich
Dänemark Schleswig Holstein Schleswig Schleswig-Holstein
234
A. Europa.
lange und oft gegen die Uebermacht der schleswig-holsteinischen Grafen und
Herzoge hartnäckig und ruhmvoll vertheidigt hatte, nach tapferer Gegen-
wehr erobert und ist von da an mit dem Herzogthum vereinigt geblieben.
Die Zweisürstenschaft in den Herzogthümern führte zu manchen Streitig-
keiten unter den regierenden Herren, von denen einer stets König von Dä-
nemark war und diese mächtigere Stellung zu seinem Vortheil gebrauchte.
Diese Streitigkeiten führten im Anfang des vorigen Jahrhunderts dahin,
daß der Herzog und König Friedrich Iv. seinen Mitregenien Herzog
Karl Friedrich, der sich in dem damaligen nordischen Kriege heimlich den
Schweden angeschlossen hatte, vertrieb und dessen Antheile vom Lande in
Besitz nahm. In dem darauf folgenden Frieden 1720 mußte Friedrich Iv.
dem vertriebenen Herzoge dessen im Herzogthum Holstein besessenen Landes-
theile zwar wieder einräumen, die schleswigschen Antheile desselben aber
behielt der König-Herzog und ließ sich diesen Besitz von England, Frankreich
und Schweden garantiren. Auf die wegen dieser Erwerbung von Friedrich I V.
erlassene öffentliche Erklärung und erhaltene Erbhuldigung (1721) stützt sich
nun die dänische Behauptung: daß damals ganz Schleswig von Holstein
getrennt und in Dänemark incorporirt, wie auch die Erbfolgeordnung des
dänischen Königsgesetzes für Schleswig eingeführt worden sei. Hierüber ist
in unseren Tagen viel gestritten und eine Menge Bücher und Brochüren
sind geschrieben worden. Es ist darauf hier nicht weiter einzugehen und wir
bemerken nur, daß, wenn wirklich durch so dunkle und der entgegengesetztesten
Auslegung fähigen Worte und Handlungen, wie sie hier zur Frage stehen,
das ganze damals bestehende Staatsrecht und fürstliche Erbrecht im Her-
zogthume Schleswig rechtlich als verändert betrachtet werden kann, dann
überhaupt für urkundliches und thatsächlich bestehendes Staats- und Erb-
recht keine Sicherheit mehr denkbar ist. Eingreifende Folgen für die innere
Verwaltung und Gesetzgebung der Herzogthümer hatte jener Vorgang nicht.
Die ohnehin schon sehr in Verfall gekommene landständische Verfassung
kam aber, wie zu jener Zeit in vielen Ländern Deutschlands, ganz außer
Uebung. Das Aufhören oder schon die Beschränkung der bisherigen oft
verderblichen Zweifürstenschaft im Lande war als ein günstiges Ereigniß
zu betrachten. Es gelang den Königen nach und nach, sämmtliche durch
die verschiedenen fürstlichen Theilungen entstandenen kleinen Gebiete wieder
unter ihre alleinige Regierung zu bringen, zuletzt 1773 durch Vertrag mit
dem russischen Großfürsten und demnächstigen Kaiser Paul, Enkel des oben-
erwähnten Herzogs Karl Friedrich. Unter der unumschränkten alleinigen
Regierung der Könige wurden die Herzogthümer zwar immer enger an
Dänemark gekettet und in manchen Beziehungen trat eine völlige Ver-
schmelzung der beiderseitigen Staatsinteressen ein, aber das deutsche Wesen
derselben blieb lange unangefochten, sie hießen in osficiellen Erlassen der
Könige: „Unsre Fürstenth ümer Schleswig-Holstein " oder „Unsre
deutschen Staaten" (oder „Lande") und erfreuten sich eines wohlwol-
lenden Regiments. Zwischen Dänen und Deutschen war damals von gegen
fettiger Abneigung nichts zu merken. Mit dem Beginn dieses Jahrhunderts
machte sich erst die Neigung bemerklich, die Herzogthümer nach und nach
zu dänisiren. Doch ließ eö der König Friedrich > I. noch bei schwachen
Versuchen bewenden. Aber als die berathenden Stände ins Leben traten,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Iv Friedrich Karl_Friedrich Karl Friedrich Friedrich_Iv Friedrich Friedrich_I_V. Friedrich Karl_Friedrich Karl Friedrich Friedrich_>_I. Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Europa Herzogthum_Holstein England Frankreich Schweden Holstein Dänemark Deutschlands Schleswig-Holstein